Nach einer Weile in Israel gibt es immer noch vieles, was mich an der Hebräischen Sprache verwirrt, belustigt, oder in den Wahnsinn treibt.
Die wohl auffälligste Sache, mit der ich mich ständig konfrontiert sehe, ist die nahezu vollständige Abwesenheit von Vokalen auf Straßenschildern, Speisekarten und Formularen.
Man nehme zum Beispiel ein Wort wie “Lavender”. Sucht man für seine Ehefrau ein Shampoo mit eben jener Duftnote, so wimmeln einem aus den Regalen bloß lauter Konsonanten entgehen. Wenn man dann endlich ein Fläschchen mit dem Aufdruck “לבנדר” gefunden hat, beginnt das große Rätseln, denn die hebräischen Buchstaben Lamed, Bet, Nun, Dalet, Reish (von rechts nach links) entsprechen der Konsonantenkombination “LBNDR“.
Labender? Lebender? Levandar? Ein simpler Akt des Einkaufens wird so schnell zum Scrabble-Spiel.
In diesem Beispiel sind die Anzahl der Verwechslungmöglichkeiten noch relativ begrenzt, da sich leicht aus dem Kontext erschließen lässt, dass das Shampoo (hoffentlich) keine Essenzen “lebender” Organismen enthält.
Gerade bei Fremdwörtern und Eigennamen ohne größeren Kontext wird jedoch oft jeder Leseversuch zum Abenteuer. Nimmt man dann noch die Eigenarten und Ausnahmen der hebräischen Rechtschreibordnung hinzu, ist die Verwirrung schnell komplett.
So gilt es sich zum Beispiel schnell einzuprägen, dass man den Namen David auf Hebräisch mit drei Buchstaben schreibt: “דוד“. Der Buchstabe am Anfang und am Ende ist ein Dalet, der hebräische Buchstabe für den Laut “d”, wie Dora. Das Problem liegt hier in der Mitte mit dem Buchstaben Vav. Dieser so unscheinbare Strich ist ein äußerst wechselhafter Zeitgenosse und steht je nach Laune mal für “v” wie Vase, “o” wie Oma, oder “u” wie Ute. Im Wort David also steht das Vav für den Laut “v” wie Vase. Das “a” und “i” in David wird einfach dazu gedacht. Schön und gut. Wenn man jetzt aber das Vav wie ein “o” liest, hat man es mit dem Wort für Onkel (“Dod“) zu tun. Wenn man es wiederum wie ein “u” liest, dann handelt es sich um den landestypischen “Dud“-Boiler.
Wer schon einmal in Israel gewesen ist, wird die allgegenwärtigen weißen Kanister gesehen haben, die auf fast jedem Dach der nahöstlichen Sonne trotzen. Diese Heizkessel, auf Hebräisch “Dud Schemesch” sind jeweils mit eigenem Solarpanel ausgestattet und für das Warmwasser in den meisten Haushalten verantwortlich.
Und so können die drei gleichen Buchstaben “דוד” also entweder David, Dod oder Dud bedeuten. Ein Plakat oder Handblatt mit einem Firmenschriftzug wie “Onkel Davids Heizkessel” ist also für Anfänger des Hebräischen mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Natürlich gibt es auch im Hebräischen Mittel und Wege, leicht verwechselbare Wörter voneinander zu unterscheiden. Man setzt dazu kleine Striche und Punkte über die Konsonaten, die sogenannten Nikud.
Da diese in Fachkreisen genannten “diakritischen Zeichen” jedoch nur äußerst selten im täglichen Leben Anwendung finden, bleibt immer viel Gelegenheit für das lustige Spiel der wandelnden Vokale.